Nr. 119 - 13.03.22

Freundschaften. Sie kommen, bleiben – und gehen. In der Mitte des Lebens mich befindend kenne ich alles davon. Und das ist auch gut so. Jeder Mensch verändert sich im Laufe der Zeit, da bleiben auch die gemeinsamen Wege und Ziele oftmals nicht mehr dieselben. Am schwersten sind sicher Trennungen von Liebes-Freundschaften. Der einzige Ort, wo ich tatsächlich nicht mitreden kann. Mein Herzensmensch begleitet mich, seit ich 17 bin. Ich sehe dies aber nicht als eine «Auszeichnung», als dass ich etwa wahnsinnig beziehungstauglich wäre. Wir haben am tiefsten Punkt meines Lebens zusammengefunden und zusammen einen weiteren unglaublich schmerzhaften Tiefschlag erlebt und verarbeitet. Und uns so schon früh ein starkes Fundament aufgebaut. Wahrscheinlich genau deshalb haben wir uns im stetigen Veränderungsprozess dennoch nie verloren und sind immer wieder auf den gleichen Weg eingebogen – und haben die Wertschätzung füreinander immer beibehalten.


Bei Freundschaften mit anderen Paaren zum Beispiel wird die Beziehung ab und an ebenso auf den Prüfstand gestellt. Da sind vier Personen auf zwei Lebenswegen unterwegs, welche sich im Laufe der Zeit immer wieder an neuen Weggabelungen wiederfinden. Auf der einen Seite sind eventuell keine Kinder mit im Spiel, auf der anderen Seite doch. Oder mit weit auseinanderliegenden Jahrgängen. Oder mit verschiedenen Geschlechtern – was spätestens ab dem Teenager-Alter auch eine Rolle spielt. All das kann dazuführen, dass die Interessen irgendwann nicht mehr dieselben sind und die Wege sich trennen.

 

Uns begleiten nach all den Jahren immer noch Paar-Freundschaften aus den 80er und 90er Jahren – obwohl genau das zutrifft, wie eben geschildert: Keine Kinder, doch Kinder, aber viel älter. Dass es dennoch bis heute hält, ist schön. Und auch neue Freundschaften sind dazugekommen, als wir Ende der 90er Jahre unseren Lebensmittelpunkt nach Zürich verlegen. Genauso sind aber auch ein paar Freundschaften auseinandergegangen. Die einen sind im Sande verlaufen, weil eben genau die Interessen oder die Lebensumstände sich geändert haben. Bei anderen ist bewusst ein Schlussstrich gezogen worden - mal von meiner Seite, mal von der anderen. Den Auslöser sehe ich meist bei mir. Stets mit hohem emotionellem Engagement am Start, habe ich manchmal auch eine entsprechend (zu) grosse Erwartungshaltung an eine Freundschaft. Den Grund hierzu weiss ich übrigens schon lange zu eruieren. Er liegt in meiner bewegten Vergangenheit. Meine familiären Verluste lassen mich stets automatisch und (zu) fest an mir nahestehenden Menschen emotionell binden – eben nicht nur in der Familie (da passt’s), sondern auch in Freundschaften. Die Balance ist daher meist nicht ganz gegeben.

 

Nach ein paar schmerzlichen Erfahrungen finde ich mittlerweile diese Balance aber ganz gut – bis auf kürzlich. Da sind beide Seiten nebst der für alle nervenaufreibenden Pandemiezeit grad zum selben Zeitpunkt mit speziell energiezehrender Erziehungsarbeit, grossen familiären und beruflichen Herausforderungen und schlafraubenden gesundheitlichen Defiziten beschäftigt. Mit der daraus resultierenden Dünnhäutigkeit führt ein Missverständnis zum anderen. Die Energie für schnelle Aufklärung fehlt. Ich von meiner Seite stehe sodann entsprechend emotionell aufgewühlt an einem Punkt, wo ich grad nicht mehr weiss, ob und wie es weitergehen soll. Glücklicherweise können wir es dann doch irgendwann regeln - mit überfällig klärenden Worten und gegenseitiger Akzeptanz zu unterschiedlichen Empfindungen – we all are what we are !


Nichts desto trotz versuche ich weiterhin, mein emotionelles Engagement stets anzupassen, wo nötig. Weitere Freundschaften werden dennoch bestimmt kommen, sicher auch bleiben - und vermutlich wiederum gehen. That’s life.